PAS DE TROIS 1

Ort: Echoraum

Eine Begegnung zweier Menschen, einer Choreografin und Tänzerin sowie einer Wissenschafterin, geht weiter. Jetzt verlassen sie die sicheren Zonen ihrer Disziplinen, um einander in einem dritten Raum erneut in Beziehung zu setzen.
Deines und Meines wird fluid, ein inszenierter Wahrnehmungsraum entsteht. Gefilmte, kurze Wege, Gehen. Sich bewegen. Hinsehen, Unbeachtetes wird wichtig. Banales wird poetisch. Und immer wieder entstehen Angebote der Bezugnahme. Stimmen, einzelne Worte deuten an. Es geht um eine weitere Etappe darin, das Dazwischen zu erforschen.

Bei unserer nächsten Versuchsanordnung stand das Beyond im Fokus. Was passiert, wenn ich mich nicht mehr primär auf meine Disziplin stütze, du nicht auf deine? Wenn wir uns nicht mehr auf dem sicheren Boden unserer Disziplinen bewegen? Was fordern wir da heraus? Wenn wir uns beide auf ein Terrain begeben, auf dem uns nicht mehr unsere Expertise trägt? Die Gleichwertigkeit, auf der unsere Arbeit basiert – jetzt lag sie in der Unsicherheit und Unvertrautheit, der wir uns gemeinsam aussetzten.

Mein Denken, mein Ausdruck findet vielfach mit Sprache statt. Die vorsichtige Vorstellung, weitere, unterschiedliche Ebenen der Wahrnehmung in die wissenschaftliche Forschung miteinzubeziehen, entfaltete sich zu einem Bedürfnis. Dem Bedürfnis, der Wirkmächtigkeit der Sprache in den Kultur- und Geisteswissenschaften zusätzliche Erfahrungsebenen und damit Dimensionen des Denkens, des Erkennens und des Ausdrucks zur Seite zu stellen. Das bedeutet, dem Trenn-Zwang und den darin eingeschriebenen Hierarchien entgegenzuwirken. Auf der Ebene der Denkverhältnisse heißt das, intensiv mit dem Sowohl-als-auch, mit dem Und zu experimentieren, es zu erforschen (Ingrisch 2012).

Ernsthafte Versuche zu starten, diverse Modi des Denkens nicht zu beschreiben, und damit wieder in der Sprache zu bleiben, sondern sie selbst im Tun zu erfahren. Mich in Bewegung zu setzen. Hören und Sehen in anderer Art und Weise Raum zu schenken. Der Komplexität des Welt entsprechend, das Potential von Wissensformen und Erkenntnisformen auszuprobieren, damit zu spielen.

Mit Bildern und Klängen, mit Bewegung und Rhythmen zu arbeiten heißt, den Sinnen einen speziellen Platz in einem Forschungsprojekt zu bieten. In der neuen Versuchsanordnung wählte jede von uns einen eigenen Zugang. Ein Thema begann zu emergieren. Medien kamen ins Spiel. Ein „Pas de trois“ begann.

Medium – es befindet sich in der Mitte, es vermittelt. Ein magisch-technisches In-between also. Es ist in der Lage, Informationen und Energie zu übertragen. Oder, nach Marshall McLuhan (1964), die Sinnesorgane zu verlängern. Medium – ein Mittel der Kommunikation, der Beziehung.

Wissens- und Seinsformen im Prozess. Unsere professionellen Identitäten auf’s Spiel setzen. Unser In-der-Welt-Sein bewusst anders denken, den Taxonomien zum Trotz, die uns in Strukturen des 19. Jahrhunderts halten. Wir sind so viel mehr, so viel darüber hinaus als eine Wissenschafterin und eine Choreographin sowie Tänzerin.

 

 

Video: Doris Ingrisch
Schnitt: Katharina Weinhuber

Videostills: Ardan Hussain

Fotokollage: Katharina Weinhuber